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Zum 1. Januar 2020 ist das Angehörigen – Entlastungsgesetz in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz hat der Gesetzgeber diverse sozialpolitische Problem Sachverhalte geregelt. Hervorzuheben ist im speziellen die Frage der Haftung für den sogenannten Elternunterhalt, also den Unterhalt, den Kinder grundsätzlich auch Eltern gegenüber schulden können. Diese Fragen spielen insbesondere unter dem Aspekt einer stetig steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung eine erhebliche Rolle. Im Beispielsfalle setzt sich der unterhaltsrechtliche Bedarf eines pflegebedürftigen Elternteiles in der Regel zusammen aus anfallenden Heimkosten und einem Taschengeld in Form eines angemessenen Barbetrages. Im Regelfall reichen die eigenen Einkünfte dieses Elternteiles beispielsweise aus Renten, Leistungen der Pflegeversicherung, die abhängig vom Pflegegrad sind, nicht aus, um diese regelmäßig anfallenden, insbesondere hohen Heimkosten zu decken. Auch eigenes Vermögen ist zu einer solchen Kostendeckung durch den Elternteil einzusetzen – grundsätzlich bis es verbraucht ist. Erst dann springt der zuständige Sozialleistungsträger ein und übernimmt Heimkosten, Barbetrag, soweit dieser nicht von der Pflegeversicherung abgedeckt ist. Leistet der Sozialleistungsträger, ist dies verbunden mit einer sogenannten Überleitung eines gegebenenfalls bestehenden Anspruches des Elternteiles gegen eines oder mehrere Kinder. Diese Kinder haften gegebenenfalls gemäß § 1606 Abs. 3 BGB unter Berücksichtigung ihrer Erwerbs- und Vermögensverhältnisse für den Elternunterhalt. Genau hier setzt das neue Angehörigen – Entlastungsgesetz an. Es schränkt diesen Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger ein und zwar nur noch auf die Fälle, in denen das unterhaltspflichtige Kind über ein jährliches Bruttoeinkommen von mehr als € 100.000 verfügt. Mit Bruttoeinkommen sind sämtliche Einnahmen, z. B solche aus einer Vermietung oder Kapitalerträge gemeint. Vorhandenes Vermögen eines unterhaltspflichtigen Kindes kommt aber nicht zum Ansatz. Verdient das Kind weniger als € 100.000 kann der Sozialleistungsträger das Kind auch dann nicht in Regress nehmen, wenn es über erhebliches Vermögen verfügt. Der zuständige Leistungsträger hat im gegebenen Fall einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Kind, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Jahreseinkommensgrenze überschritten wird. Wichtig ist noch, dass das zum 1. Januar 2020 in Kraft getretene neue Gesetz nur für Unterhaltsansprüche seit Inkrafttreten gilt, heißt, eine rückwirkende Anwendung der neuen Regelungen auf alte Sachverhalte erfolgt nicht. Hat also der Sozialleistungsträger in der Vergangenheit einen Titel über den laufenden Unterhalt gegen das unterhaltspflichtige Kind erwirkt, erfasst dieser Titel natürlich auch noch aktuell laufende Unterhaltsansprüche. Sollte allerdings das Jahreseinkommen des unterhaltspflichtigen Kindes unter der 100.000 Euro – Grenze liegen, sollte der Unterhaltspflichtige den Leistungsträger auffordern, auf seine Rechte aus dem Titel zu verzichten und diesen an den Unterhaltspflichtigen herauszugeben. Hier wird aber auch dringend die Prüfung durch einen fachkundigen Rechtsbeistand und gegebenenfalls dessen Beauftragung mit der Geltendmachung und Durchsetzung solcher Ansprüche angeraten. Kommt nämlich der Sozialleistungsträger einer solchen Aufforderung nicht nach, verbleibt nur der Weg zu den Gerichten auf Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels. Die Grundlage für ein solches Abänderungsverlangen ist die eingetretene Änderung der Gesetzeslage.

Wichtig ist, dass das neue Gesetz von einem Unterhaltsrückgriff auch auf den Ehegatten des bedürftigen Ehegatten abgesehen hat. Leben die Ehegatten in einem gemeinsamen Haushalt ist deren beider Einkommen im Rahmen der Prüfung einer Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Ganz wichtig: Das Angehörigenentlastungsgesetz betrifft nur den sogenannten sozialrechtlichen Übergang des Unterhaltsanspruches Elternteil – Kind auf den Sozialhilfeträger. Es greift aber nicht in das Unterhaltsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches ein. Dies bedeutet, dass der Pflegebedürftige und insoweit gegebenenfalls unterhaltsbedürftige Elternteil sein Kind auf Unterhalt in Anspruch nehmen kann, auch wenn das Kind deutlich weniger als 100.000 im Jahr verdient.

Mit dem neuen Angehörigenentlastungsgesrtz wird ein in der Praxis häufig auftretendes Problem, dass zu viel Rechtsunsicherheit geführt hat, nunmehr im Sinne einer Rechtssicherheit klar geregelt.

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